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Aktuelle Änderungen für 2024 bis 2027 beim Emissionshandel für Abfallverbrennung

  • Autorenbild: RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)
    RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)
  • 24. Nov. 2024
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Juli


Treppenhaus

Der deutsche Gesetzgeber hat Betreiber von Anlagen zur Abfallverbrennung (auch: Müllverbrennung oder thermische Abfallbehandlung) für Emissionen ab dem Jahr 2024 dem Emissionshandel unterworfen und eine Abgabepflicht von Emissionszertifikaten nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) im nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) begründet.


Durch das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 hat die bisherige Regelungssystematik eine Änderung erfahren und große Abfallverbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW unterliegen teilweise auch den Regelungen des TEHG 2024. Dadurch gelten für sie bestimmte Vorgaben sowohl nach TEHG 2024 als auch nach dem BEHG.


Für Emissionen ab dem Jahr 2027 möchte der deutsche Gesetzgeber große Abfallverbrennungsanlagen vollständig dem europäischen Emissionshandelssystem (EU-EHS 1) unterwerfen, was jedoch von einer Genehmigung der Europäischen Kommission abhängt.


Nachfolgend erfahren Sie mehr Einzelheiten zu den Änderungen, welche sich aus dem TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 für Abfallverbrennungsanlagen ergeben.


Rechtslage für Emissionen bis zum Jahr 2023

EU-EHS 1 - Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2011 (TEHG 2011 - alte Fassung):


Für Emissionen bis zum Jahr 2023 waren Anlagen und Verbrennungseinheiten zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen (Sonderabfällen) oder Siedlungsabfällen, die unter eine der Tätigkeiten von Anhang 1 Teil 2 Nrn. 1 bis 6 TEHG 2011 (alte Fassung) fielen und immissionsschutzrechtlich i.S.v. Nr. 8.1 des Anhangs 1 zur 4. ImSchV genehmigungsbedürftig sind, nach der Bereichsausnahme § 2 Abs. 5 Nr. 3 TEHG 2011 (alte Fassung) vom Anwendungsbereich des TEHG ausgenommen.


Die Bereichsausnahme betraf große Abfallverbrennungsanlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW. Kleine Abfallverbrennungsanlagen fallen schon dem Grunde nach nicht unter das TEHG bzw. das EU-EHS 1.


nEHS - Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG):


In seiner Urfassung (BGBl. I 2019, S. 2728) bestand im BEHG keine Rechtsgrundlage für die Erfassung von Abfallverbrennungsanlagen im nEHS. Abfälle galten nicht als Brennstoff i.S.v. Anlage 1 BEHG.


Rechtslage für Emissionen der Jahre 2024, 2025 und 2026

nEHS - Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG):


Die Rechtslage änderte sich für Emissionen von Abfallverbrennungsanlagen ab dem Jahr 2024. Das Zweite Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BGBl. I 2022, 2006) bezog diese in das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) ein.


Das Änderungsgesetz hat Satz 2 der Anlage 1 zum BEHG neugefasst. Seitdem galten neben den unter Satz 1 genannten Brennstoffen auch Abfälle und sonstige Stoffe als Abfälle, die in immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallanlagen, d.h. in Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung fester, flüssiger oder in Behältern gefasster gasförmiger Abfälle, Deponiegas oder anderer gasförmiger Stoffe mit brennbaren Bestandteilen, verwertet und beseitigt werden. Entsprechend wurden Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen in § 3 Nr. 3 Buchst. c BEHG als „Verantwortliche“ definiert und in § 2 Abs. 2a BEHG wurde spezifiziert, wann ein Inverkehrbringen i.S.d. BEHG gegeben ist. Die Verpflichtung zur Ermittlung und Berichterstattung über Emissionen gilt gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 BEHG für Emissionen ab dem Jahr 2024. Das betrifft in der Folge auch die Abgabepflicht nach § 8 BEHG.


Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen unterliegen also für Emissionen ab dem Jahr 2024 insb. folgenden Kernpflichten des BEHG:


  • Einreichung eines genehmigungsbedürftigen Überwachungsplans (§ 6 BEHG)

  • Ermittlung von Brennstoffemissionen und Berichterstattung hierüber (§ 7 BEHG)

  • Abgabe von Emissionszertifikaten (§ 8 BEHG)


EU-EHS 1 - Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2024 (TEHG 2024 - neue Fassung):


Im neuen TEHG 2024 entfällt die Bereichsausnahme gem. § 2 Abs. 5 Nr. 3 TEHG 2011 (alte Fassung) für Abfallverbrennungsanlagen ersatzlos, da sie aufgrund der geänderten EU-Emissionshandelsrichtlinie nun teilweise dem europäischen Emissionshandelssystem (EU-EHS 1) unterliegen.


Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen qualifizieren als Anlagenbetreiber i.S.d. EU-EHS 1, wenn sie eine Tätigkeit im Sinne von Teil A Abschn. 2 Nrn. 1 bis 6 des Anhangs zum TEHG 2024 (neue Fassung) ausführen. Dies betrifft große Abfallverbrennungsanlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW. Abfallverbrennungsanlagen fallen hingegen nicht unter den europäischen Brennstoffemissionshandel (EU-EHS 2), der eigentlich das Pendant zum nEHS darstellt.


Soweit eine Landesbehörde gegenüber einem Betreiber einer Abfallverbrennungsanlage durch Bescheid festgestellt hat, dass aufgrund der Bereichsausnahme § 2 Abs. 5 Nr. 3 TEHG 2011 (alte Fassung) keine Emissionshandelspflicht bestand, entfalten solche Feststellungsbescheide aufgrund der geänderten Rechtslage keine Schutzwirkung mehr (vgl. hierzu BVerwG, Urt. V. 23.10.2008 - 7 C 4/08; NVwZ 2009, 647).


Nach der Übergangsregelung § 50 Abs. 2 TEHG 2024 gilt die Einbeziehung großer Abfallverbrennungsanlagen grds. bereits für Emissionen des Jahres 2024. Allerdings das TEHG 2024 insoweit nicht in vollem Umfang, was auf die Vorgaben der EU-Emissionshandelsrichtlinie zurückzuführen ist.


Nach der Übergangsregelung § 52 TEHG 2024 unterliegen Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen für Emissionen der Jahre 2024, 2025 und 2026 grds. nur folgenden Kernpflichten nach dem TEHG 2024:


  • Ermittlung von Emissionen und Berichterstattung hierüber (§ 5 TEHG 2024)

  • Einreichung eines genehmigungsbedürftigen Überwachungsplans (§ 6 TEHG 2024)


Insoweit gelten auch die Vorgaben der EU-Monitoring-Durchführungsverordnung und der EU-Akkreditierungs- und Verifizierungs-Durchführungsverordnung.


Das Erfordernis einer Emissionsgenehmigung (§ 4 TEHG 2024), die Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen (§ 7 TEHG 2024) und der Anspruch auf Zuteilung kostenloser Berechtigungen (§ 23 TEHG 2024) finden jedoch keine Anwendung.


Betreiber von Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen (Sonderabfälle) sind für Emissionen der Jahre 2024, 2025 und 2026 von sämtlichen vorgenannten TEHG-Pflichten freigestellt (§ 52 Abs. 2 TEHG 2024). Hintergrund hierfür ist europäisches Recht. Die Regelungen zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung in Art. 14 und 15 der EU-Emissionshandelsrichtlinie gelten nur für Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen, nicht jedoch auch zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen. Letztere verbleiben somit vorerst im Anwendungsbereich des BEHG bzw. des nEHS.


nEHS - Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG):


§ 2 Abs. 2a BEHG stellt in seinem letzten Halbsatz klar, dass Brennstoffe bzw. als Brennstoff verwendeter Abfall nicht als in Verkehr gebracht gilt, wenn die Anlage dem EU-Emissionshandel unterliegt. Das hätte grds. zur Folge, dass große Abfallverbrennungsanlagen (Gesamtfeuerungswärmeleistung > 20 MW) nur dem TEHG 2024 unterlägen, dort jedoch bis Ende 2026 keine Abgabepflicht vorgesehen ist (§ 52 Abs. 1 TEHG 2024). Das wiederum hieße, dass für Emissionen der Jahre 2024, 2025 und 2026 insoweit gar keine CO2-Bepreisung erfolgen würde.


Um dies zu vermeiden und die „Kontinuität der CO2-Bepreisung“ (BT-Drs. 20/13585, S. 113) sicherzustellen, hat der Gesetzgeber in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEHG (neue Fassung) geregelt, dass die Berichterstattungs- und Abgabepflichten gem. §§ 7 und 8 BEHG zumindest für solche Brennstoffe vorerst fortbestehen, die bis zum Jahr 2026 in Verkehr gebracht werden.


Dem BEHG unterliegen demnach für Emissionen der Jahre 2024, 2025 und 2026 folgende Abfallverbrennungsanlagen:


  • Für große Abfallverbrennungsanlagen (Gesamtfeuerungswärmeleistung > 20 MW) für Siedlungsabfälle gelten lediglich die Berichterstattungs- und Abgabepflichten gem. §§ 7 und 8 BEHG. Im Übrigen gelten auch die Pflichten nach TEHG 2024 (s.o.).

  • Für kleine Abfallverbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle sowie große und kleine Abfallverbrennungsanlagen für gefährliche Abfälle gilt das BEHG in vollem Umfang.


Rechtslage für Emissionen ab dem Jahr 2027

Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2024 (TEHG 2024 - neue Fassung):


Die Rechtslage für Emissionen von Abfallverbrennungsanlagen ab dem Jahr 2027 steht noch nicht abschließend fest. Vorgesehen ist nach der Übergangsregelung § 52 TEHG 2024, dass große Abfallverbrennungsanlagen ab 2027 vollständig dem TEHG 2024 unterliegen, also insb. auch dem Erfordernis einer Emissionsgenehmigung (§ 4 TEHG 2024) und der Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen (§ 7 TEHG 2024).


Auf europäischer Ebene steht jedoch noch nicht fest, ob abseits der bestehenden Verpflichtung zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung (Art. 14 und 15 der EU-Emissionshandelsrichtlinie) die Emissionen von Abfallverbrennungsanlagen überhaupt vollständig in das EU-EHS 1 einbezogen werden sollen (ErwG 98 RL (EU) 2023/959). Und wenn ja, wäre eine Einbeziehung ohnehin erst für Emissionen ab dem Jahr 2028 geplant.


Um aber dennoch große Abfallverbrennungsanlagen ab 2027 dem EU-EHS 1 zu unterwerfen, möchte sich die Bundesrepublik Deutschland dem in Art. 24 der EU-Emissionshandelsrichtlinie vorgesehenen Instrument der unilateralen Einbeziehung (sog. „Opt-in“) bedienen, was jedoch von der Europäischen Kommission gebilligt werden muss.


Unterbleibt eine solche Billigung, werden große Abfallverbrennungsanlagen jedenfalls nicht ab 2027 vollständig in das EU-EHS 1 überführt. Es ist jedoch denkbar, dass die EU-Emissionshandelsrichtlinie um eine Abgabepflicht für Emissionen ab 2028 erweitert wird.


Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG):


Kommt es für Emissionen großer Abfallverbrennungsanlagen ab 2027 zu einem Opt-in, würden Brennstoffemissionen aus kleineren, nicht dem EU-EHS 1 unterliegenden Abfallverbrennungsanlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von höchstens 20

MW grundsätzlich im Anwendungsbereich des BEHG verbleiben. Für diesen Fall kann die Bundesregierung jedoch durch Rechtsverordnung insoweit das Entfallen der Monitoring-, Berichts- und Abgabepflichten nach dem BEHG anordnen, vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 1 BEHG (neue Fassung). Kleine Abfallverbrennungsanlagen unterlägen dann keinem Emissionshandel mehr.


Sofern es bei großen Abfallverbrennungsanlagen nicht zu einer vollständigen Einbeziehung der bislang nach dem BEHG bepreisten Brennstoffe in das EU-EHS 1 kommt, bleibt eine Abgabenpflicht nach dem BEHG grds. bestehen.




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