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Primär- und Sekundärmärkte für Emissionszertifikate

Aktualisiert: 25. Nov. 2022


Für Emissionszertifikate (EUA) gibt es wie bei Wertpapieren (Aktien, Anleihen) einen Primärmarkt und einen Sekundärmarkt. Gegenüber Wertpapiermärkten gibt es jedoch einige Besonderheiten. Dieser Beitrag gibt einen Überblick die wichtigsten Eigenschaften von Primär- und Sekundärmärkten für EUA.



Einleitung


Emissionszertifikate sind Berechtigungen gemäß § 3 TEHG bzw. Zertifikate gemäß Art. 3 der Richtlinie 2003/87/EG. Sie verkörpern die Befugnis zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum. Ein Kohlendioxidäquivalent ist wiederum Kohlendioxid und bestimmte andere Treibhausgase.


Primär- und Sekundärmärkte für Emissionszertifikate (EUA) sind Teil des europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS), das seit dem Jahr 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der Europäischen Union ist. Durch das EU-ETS sollen die Treibhausgas-Emissionen der teilnehmenden Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie reduziert werden. Maßgebliche Rechtsgrundlage für das EU-ETS ist die Richtlinie 2003/87/EG.


Emissionszertifikate (EUA) werden durch die Europäische Kommission durch Eintragung im Unionsregister geschaffen. An dem EU-EHS teilnehmende Staaten und Unternehmen verfügen über Konten beim Unionsregister, über die sie Emissionszertifikate halten und transferieren können. Rechtsgrundlage des Registers ist die Verordnung (EU) Nr. 389/2013.


Nach ihrer Erstellung werden die EUA entweder kostenlos an Unternehmen zugeteilt oder in einem durch die Auktionsverordnung geregelten Verfahren versteigert (Primärmarkt). Nach den Angaben der Europäischen Kommission betrug der Anteil kostenlos zugeteilter EUA im Jahr 2018 52 % und der Anteil versteigerter EUA 47 %. Nach ihrer Zuteilung bzw. Versteigerung können EUA an einem Handelsplatz oder over the counter (OTC) gehandelt werden (Sekundärmarkt).



Primärmarkt für Emissionszertifikate


Der Primärmarkt für Emissionszertifikate (EUA) sind Auktionen im Sinne der Auktionsverordnung. Die Auktionsverfahren werden nach den Vorgaben der Auktionsverordnung für die jeweiligen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und EWR-Staaten von der in Leipzig ansässigen European Energy Exchange (EEX) durchgeführt. Clearinghaus ist die European Commodity Clearing AG (ECC AG), Leipzig.



Auktionsteilnehmer


Unternehmen, die an diesen Auktionen teilnehmen wollen, müssen bestimmte regulatorische Zulassungskriterien erfüllen, welche die Integrität des Auktionsverfahrens gewährleisten sollen. Gemäß der Auktionsverordnung sind insbesondere folgende Unternehmen zur direkten Teilnahme berechtigt:


  • Anlagen- oder Luftfahrzeugbetreiber, sowie deren Mutter- und Tochterunternehmen oder verbundene Unternehmen, bzw. wirtschaftliche Zusammenschlüsse von ihnen;

  • Kreditinstitute;

  • Wertpapierfirmen;

  • Unternehmen, welche unter die „Nebentätigkeitsausnahme“ der MiFID II fallen.


Darüber hinaus sieht die Auktionsverordnung eine Reihe von Voraussetzungen vor, die erfüllt sein müssen. Auch die Zulassungsvoraussetzungen der EEX sind zu erfüllen, etwa der Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung und der Abschluss eines Clearingvertrags mit dem Clearinghaus ECC.



Auktionsverfahren


Die EEX versteigert zwei Arten von Zertifikaten: Allgemeine Emissionszertifikate (EUA) und Emissionszertifikate für Luftfahrtunternehmen (EUAA). EUAA sind grundsätzlich für den Luftfahrtsektor vorgesehen. Seit dem Jahr 2021 können jedoch beide Arten von Zertifikaten sowohl zur Erfüllung von Verpflichtungen für ortsfeste Anlagen als auch für Luftfahrzeuge verwendet werden.


Die Versteigerungen finden nach einem festen Kalender statt. Der Erfolg eines Gebots hängt von dessen Limit und der Menge der versteigerten Emissionszertifikate (EUA) ab. Die Menge der versteigerten EUA wird im Voraus festgelegt und kann nur wenige Male im Jahr angepasst werden.


Der Auktionsclearingpreis und das Verfahren zur Verteilung der versteigerten Menge sind nach den näheren Vorgaben der Auktionsverordnung zu ermitteln:


  • Die Gebote werden in absteigender Reihenfolge des gebotenen Preises sortiert;

  • Auf jeder Preisstufe werden die Gebotsmengen addiert;

  • Der Preis, bei dem die Summe der nachgefragten Mengen mit der Menge der versteigerten EUA übereinstimmt oder diese übersteigt, ist der Auktionsclearingpreis;

  • Alle Gebote mit einem höheren Preis als dem Auktionsclearingpreis sind erfolgreich.

  • Gebote, die zum Auktionsclearingpreis abgegeben wurden, werden entsprechend ihrer Rangfolge bei einer Zufallsauswahl ausgeführt (d. h. für die Ausführung ist nicht der Zeitstempel des Gebots maßgeblich);

  • Alle erfolgreichen Gebote zahlen den gleichen Auktionsclearingpreis, auch wenn das jeweilige Limit höher ist;

  • Für das letzte erfolgreiche Gebot, das dem Auktionsclearingpreis entspricht, kann es zu einer Teilausführung kommen.


Abwicklung


Nach einer Ausführung erfolgt die Abwicklung über das Clearinghaus European Commodity Clearing AG (ECC AG). Übertragungen von EUA erfolgen stets über die ECC AG, d. h. vom Auktionskonto beim Unionsregister auf das Konto der ECC AG und letztendlich auf die Konten der erfolgreichen Bieter. Die Übertragungen erfolgen einen Tag nach dem Geschäft (T+1). Zeitgleich mit der Übertragung der EUA erfolgt auch die Übertragung der Gelder (Payment against Delivery). Nach ihrer Gutschrift auf dem Konto des erfolgreichen Bieters kann dieser die EUA behalten, weiterverkaufen oder auf das Konto eines anderen Unternehmens übertragen.



Sekundärmarkt für Emissionszertifikate


Handel über Handelsplätze


Die folgenden drei europäische Handelsplätze bieten den Handel von EUA sowie Derivaten darauf (Kontrakte) an:

Anteil der Bruttopositionen in Derivaten auf Emissionszertifikaten je Handelsplatz
Quelle: ESMA
  • EEX in Deutschland mit Clearing durch die ECC AG in Deutschland

  • ICE Endex in den Niederlanden mit Clearing durch die ICE Clear Europe Ltd. im Vereinigten Königreich

  • Nasdaq Oslo in Norwegen mit Clearing durch die Nasdaq Clearing in Schweden


Die folgenden Kontrakte werden zum Handel angeboten:


  • Kontrakte mit täglichem Verfall, so genannte „Daily Futures“ oder „Spot“

  • Futures mit verschiedenen Laufzeiten

  • Optionen auf Futures

Handelsvolumen am EEX Spot- und Terminmarkt für CO2-Emissionsrechte
Quelle: EEX

Handelsteilnehmer können für die jeweiligen Kontrakte Kauf- und Verkaufsorders in das Orderbuch einstellen. Soweit sich die Ausführungsbedingungen von Kauf- und Verkaufsorders entsprechen, kommt es zu einem Matching. Der Handel an der EEX erfolgt nach dem Marktmodell „fortlaufender Handel“.


Am Fälligkeitstag wird der Kontrakt durch das jeweilige Clearinghaus abgewickelt. Als Ergebnis der Abwicklung erhält der Käufer die EUA auf seinem Konto im Unionsregister gutgeschrieben und dem Verkäufer wird die entsprechende Menge belastet. Zeitgleich erfolgt auch die Abwicklung der Gelder, die aus dem Geschäft geschuldet werden (Payment against Delivery).



OTC-Handel


Neben dem Handel über Handelsplätze können Emissionszertifikate (EUA) und Derivate darauf auch bilateral zwischen zwei Unternehmen, d. h. over-the-counter (OTC) gehandelt werden. Die Lieferung der EUA erfolgt ebenfalls durch Umbuchung im Unionsregister.



FAQ zu Primär- und Sekundärmärkten für EUA

Was ist die EEX?

Was ist ein Primärmarkt?

Was ist ein Sekundärmarkt?

Was bedeutet EUAA?

An welchen Börsen können Emissionszertifikate (EUA) gehandelt werden?

Was bedeutet „Payment against Delivery“?



Ihr Ansprechpartner:


Dr. Hendrik Müller-Lankow

Rechtsanwalt, LL. M. (UCL)

Hendrik Müller-Lankow

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