top of page

Prüfung von Marketing-Dokumenten für OGAW und AIF

Aktualisiert: 11. Juni


Ansprechende Werbeunterlagen (Factsheets, Werbeanzeigen im Internet und Zeitschriften, Newsletter etc.) tragen entscheidend zum Vertriebserfolg von OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) und AIF (Alternativen Investmentfonds) bei. Produktteams, Initiatoren und Vertriebler bemühen sich daher um eine ansprechende und vor allem positive Darstellung des Fonds.


Ihrer Gestaltungsfreiheit und Kreativität werden jedoch durch Gesetze, Aufsichtsbehörden und Gerichte im Namen des Anlegerschutzes nicht unerhebliche Grenzen gesetzt, die es zu beachten gilt. Denn eine fehlende Compliance kann auf verschiedenen Ebenen nachteilige Konsequenzen nach sich ziehen. Diese reichen von die Reputation gefährdende Maßnahmen der BaFin wie Vertriebsstopps oder Investorenwarnungen, über finanzielle Folgen aufgrund von Bußgeldern oder Anlegerklagen, bis hin zu einer Gefährdung der persönlichen Zuverlässigkeit.


Kronsteyn ist Ihr Partner für die Sicherstellung der Vertriebscompliance. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Vorgaben, die bei der Ausgestaltung von Werbedokumenten (Marketing-Anzeigen) für OGAW und AIF in Deutschland zu beachten sind.



Deutsches und europäisches Regelungsgeflecht


Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vertriebsunternehmen haben bei der Werbung für OGAW und AIF eine Vielzahl an Vorgaben und Grundsätzen zu beachten. Diese leiten sich überwiegend aus dem Aufsichtsrecht ab und ihre Umsetzung wird von der BaFin überwacht. Zusätzlich leiten sich aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung diverse Grundsätze ab, die ebenfalls zu beachten sind.


Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben betreffen einerseits die Produktgeberseite und verpflichten die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG). Andererseits betreffen sie die Vertriebsseite und sind von der vermittelnden Bank bzw. dem Anlageberater/-vermittler zu beachten. Bei der Ausgestaltung von Werbeunterlagen sind daher grundsätzlich sämtliche Vorgaben zu beachten bzw. umzusetzen.


Auf Gesetzesebene ergeben sich Vorgaben insbesondere aus dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bzw. der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) und dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Darüber hinaus sind auch europäische Verordnungen, bspw. die CBDF-Verordnung, und insbesondere Leitlinien der BaFin und ESMA zu beachten.


Gesetze Vorgaben und Verordnungen, die für Marketing-Anzeigen zu beachten sind


Definition Werbemittel


Der Begriff der Werbung ist gesetzlich nicht definiert, wird jedoch gemeinhin weit ausgelegt. Allgemein werden darunter alle (plangemäßen) Äußerungen nach außen verstanden, die dazu dienen, das Interesse am Erwerb einer Kapitalanlage zu fördern, zu wecken oder zu steigern.


Auf die Art des Werbemediums kommt es nicht an. Die Vorgaben an die Werbemittelcompliance erfassen daher gedruckte und elektronische Dokumente, Videos und in Teilen sogar die mündliche Werbung. Es ist auch grundsätzlich unerheblich, ob die Werbemittel händisch, per Post oder über das Internet, etwa über Social Media (LinkedIn, Twitter, Instagram, Facebook, TikTok, Youtube etc.), verbreitet werden.


Als Werbemittel können nach Ansicht der BaFin und der ESMA insbesondere folgende Medien qualifizieren, sofern mit ihnen OGAW oder AIF beworben werden:


  • Internetseiten

  • Factsheets

  • Anzeigen in Zeitschriften

  • Google-Ads- und Social-Media-Anzeigen

  • Posts über Internetseiten oder Social Media

  • Postsendungen

  • Newsletter

  • Pressemitteilungen

  • Eigene Pressebeiträge

  • Advertorials

  • Werbevideos

  • Messestände



Grundsätze für Marketing-Anzeigen


Nachfolgend werden die wichtigsten Vorgaben für die Werbung von OGAW und AIF dargestellt. Diese Darstellung ist nicht abschließend. Auch weitere Vorgaben sind je nach Einzelfall zu beachten.


Den Anlegern bereitgestellte Informationen müssen fair und eindeutig sein und dürfen nicht irreführen. Hieraus leiten sich diverse Einzelvorgaben ab, die überwiegend ausdrücklich gesetzlich geregelt oder von den Aufsichtsbehörden BaFin oder ESMA konkretisiert wurden. Auch auch die Rechtsprechung hat große Bedeutung.


Der Grundsatz der fairen und eindeutigen Darstellung und das Verbot der Irreführung können als zwei Seiten derselben Medaille verstanden werden. Denn eine unfaire oder uneindeutige Darstellung wird regelmäßig auch irreführend sein. Im Kern darf die Art und Weise der Darstellung wichtige Punkte, Aussagen oder Warnungen nicht verschleiern, abschwächen oder unverständlich machen.



Kenntlichmachung und Verweis auf Verkaufsunterlagen


Zunächst ist Werbung ausdrücklich als solche kenntlich zu machen. Bei OGAW/AIF empfiehlt sich der Hinweis „Marketing-Anzeige“. Darüber hinaus ist der folgende Verweis auf die gesetzlichen Verkaufsunterlagen aufzunehmen: „Dies ist eine Marketing-Anzeige. Bitte lesen Sie den Prospekt des OGAW/AIF und das KID, bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.“



Verwendung einer anlegergerechten Sprache


Die Informationen in Marketing-Anzeigen bzw. Werbung sind derart darzustellen, dass sie von der Zielgruppe verstanden werden können. Abzustellen ist auf einen durchschnittlichen Angehörigen der angesprochenen Kundengruppe. Die sprachliche Darstellung muss umso einfacher und allgemeinverständlicher sein, je weniger Wissen und Erfahrung bei den angesprochenen Kunden vorausgesetzt werden kann. Bei an Kleinanleger gerichtete Informationen bedeutet dies, dass nicht übermäßig viele Fachbegriffe verwendet werden dürfen. Ggf. sind Fachbegriffe zu erläutern. Die Informationen sollten leicht lesbar sein und gegebenenfalls komplexe Merkmale des Fonds und die mit einer Anlage verbundenen Risiken erläutern. Marketing-Anzeigen, die sich an professionelle Anleger richten, unterliegen insoweit geringeren Anforderungen.



Übereinstimmung mit den gesetzlichen Verkaufsunterlagen


Die in der Werbung enthaltenen Informationen müssen mit den gesetzlichen Verkaufsunterlagen, d. h. dem Prospekt und dem Basisinformationsblatt (KID) bzw. den Wesentlichen Anlegerinformationen (KIID), und anderen veröffentlichten Informationsmaterialien übereinstimmen. Dies bedeutet, dass die Kerninformationen zwar grundsätzlich in der Werbung auch verkürzt dargestellt werden düfen. Unzulässig ist es jedoch, die Informationen der Verkaufsunterlagen abzuschwächen oder diesen zu widersprechen. Auch eine Ergänzung ist unzulässig, wenn die Darstellung dadurch den eigentümlichen Charakter der Anlage verzerrt.



Darstellung von Risiken


Die BaFin verlangt eine klare Benennung der Risiken jedenfalls dann, wenn auch die Vorteile bzw. die Chancen des OGAW/AIF benannt werden. Es sind jedenfalls die wesentlichen Risiken zu benennen, die auch im KID/KIID bzw. im Verkaufsprospekt erläutert werden. Wichtige Risikokategorien sind etwa Kurs- und Währungsschwankungen, Ausfall von Zinsen oder Dividenden und Emittentenausfallrisiken. Ein bloßer Verweis auf die gesetzlichen Verkaufsunterlagen genügt nicht. Sowohl die Risiken als auch die Chancen sollten entweder an gleicher Stelle oder unmittelbar nacheinander genannt werden. Bei einer einfachen Google-Ads-Anzeige kann gegebenenfalls auf einen Risikohinweis verzichtet werden, wenn nicht auch Chancen genannt werden. Bei AIF, die an Privatkunden vermarktet werden, ist auf das besondere Risiko des illiquiden Charakters der Anlage hinzuweisen.


Redlich und deutlich, so die BaFin, ist die Darstellung der Marketingmitteilung nach dem Grundsatz der Proportionalität jedenfalls dann, wenn Umfang und Genauigkeit von Vorteils- und Risikendarstellung in einem ausgewogenem Verhältnis zueinander stehen. Desto umfassender die Vorteile bzw. Chancen hervorgehoben werden, desto mehr und umfassender sind auch die Risiken darzustellen. Die Anzahl der dargestellten Vorteile und Risiken muss jedoch nicht identisch sein. Sofern ein Produkt mehr Vorteile als Risiken hat, können diese in der Darstellung zahlenmäßig überwiegen und umgekehrt. Auch müssen Vorteile und Risiken nicht immer inhaltlich miteinander korrespondieren, also "Vorder- und Rückseite einer Medaille" darstellen. Entscheidend ist, dass dann, wenn alle wesentlichen Vorteile eines Produkts genannt werden, auch auf alle wesentlichen Risiken hingewiesen wird, und immer dann, wenn nur besonders wichtige Vorteile genannt werden, jedenfalls auch auf die besonders wichtigen Risiken hingewiesen wird. Auf einen Vorteil kann in unterschiedlicher Art und Weise Bezug genommen werden (z. B. sprachlich oder drucktechnisch). Die Bezugnahme auf einen Vorteil muss sich nicht auf ein einzelnes Finanzinstrument (bspw. mit konkreter WKN) beziehen. Die Regeln über die Vorteils-/Risikodarstellung finden auch dann Anwendung, wenn sich die Informationen auf eine bestimmte Gruppe von Finanzinstrumenten beziehen, die ähnlich strukturiert sind.


Vor allem bei der Chancen-/Risikendarstellung gilt, dass die Art und Weise der Darstellung wichtige Punkte, Aussagen oder Warnungen nicht verschleiern, abschwächen oder unverständlich machen darf. Weiterhin sind die maßgeblichen Risiken mindestens in einer Schriftgröße darzustellen, die nicht kleiner ist als die übrige in der Marketing-Anzeige verwendete Schriftgröße ist. Die graphische Gestaltung muss die leichte Erkennbarkeit der maßgeblichen Risiken sicherstellen. Bei gedruckten Dokumenten müssen sich Risikohinweise und Vorteilsdarstellung im selben Dokument befinden; eine Verweisung auf einen anderen Ort (wie eine Internetseite oder die gesetzlichen Verkaufsunterlagen) oder auf die Möglichkeit eines Beratungsgesprächs ist nicht ausreichend.



Darstellung der Kosten des OGAW bzw. des AIF


Nimmt die Marketing-Anzeige Bezug auf die Kosten des OGAW/AIF, muss der Anleger daraus die Gesamtauswirkungen der Kosten auf die Wirtschaftlichkeit des Fonds verstehen können. Es ist nicht hinreichend, bloß die Verwaltungsvergütung anzugeben, wenn auch andere Kosten einschlägig sind, wie beispielsweise ein Agio oder eine erfolgsabhängige (variable) Vergütung. In den Marketingmaterialien sind alle Informationen klar darzulegen, die Anlegern ein angemessenes Verständnis von der Funktionsweise der erfolgsabhängigen Vergütung, einschließlich deren Berechnungsmethode, ermöglichen. Jedenfalls ist auf Parameter spezifisch zu verweisen und das Datum anzugeben, an dem die erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird. Weitere Vorgaben sind je nach Art der Vergütung und der Art des Fonds zu beachten.



Darstellung einer historischen Wertentwicklung


Besonders fehleranfällig ist die Darstellung einer historischen Wertentwicklung des OGAW/AIF. Diese, einschließlich simulierter früherer Entwicklungen, sollten bei einer Gesamtschau nicht als Hauptinformation der Marketing-Anzeige wirken. Das bedeutet, dass die vergangene Wertentwicklung weder drucktechnisch, noch inhaltlich durch die gewählte Reihenfolge oder den Umfang ihrer Darstellung oder auf sonstige Weise in den Vordergrund gerückt werden dürfen. Die historische Wertentwicklung muss auf tatsächlichen Daten beruhen. Erläuterungen zu Datenquellen und dem Bezugszeitraum sind unbedingt anzugeben, wobei hierfür teilweise auch Fußnoten verwendet werden können. Aus einem deutlichen Hinweis muss sich jedoch ergeben, dass frühere Wertentwicklungen oder Simulationen keine verlässlichen Indikatoren für die künftige Wertentwicklung sind. Sollte die Wertentwicklung in einer anderen Währung als dem Euro angegeben werden, ist zudem eine deutliche Warnung dahingehend erforderlich, dass die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen kann, sofern es sich um Informationen an Privatkunden handelt.


Die BaFin sieht die Darstellung einer Wertentwicklung etwa bei der Angabe von absoluten oder relativen Prozentangaben als geeignet an. Aber auch absolute oder relative Wertangaben können unter Umständen geeignet sein. Ungeeignet sind nach Ansicht der BaFin kumulierte, den gesamten Betrachtungszeitraum betreffende Wertentwicklungsangaben. Denn insoweit lassen sich Schlussfolgerungen auf Risiko oder Volatilität nur schwer ziehen. Als grundsätzlich ungeeignet sieht die BaFin auch die Angabe annualisierter Durchschnittswerte für mehrjährige Zeiträume, es sei denn die tatsächliche Wertentwicklung war über den gesamten Betrachtungszeitraum nahezu gleichbleibend.


Für OGAW/AIF kann je nach Fall ein Mindestzeitraum von fünf Jahren oder zehn Jahren erforderlich sein, der sich auf die unmittelbar vorausgehenden Jahre bezieht. Sind für den Fonds Angaben nur für einen kürzeren Zeitraum verfügbar, so kann die Wertentwicklung auch für diesen kürzeren Zeitraum angegeben werden. Angaben für einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten gelten jedoch als unzulässig.



Aktualität der Darstellung


Die Angaben in Marketing-Anzeigen sind grundsätzlich aktuell zu halten. Bei OGAW bezieht sich dieses Erfordernis insbesondere auf die Aktualität der Portfoliodarstellung (Einzelwerte, Branchen- und Assetallokation) oder der historischen Wertentwicklung. Die BaFin berücksichtigt die unterschiedlichen Arten von Werbematerialien und passt das Aktualitätserfordernis dementsprechend an. Informationen, die über Online-Datenbanken verbreitet werden, sollen grundsätzlich mindestens tagaktuell sein. Bei online zum Download verfügbaren Dokumenten oder gedruckten Dokumenten hat die BaFin geringere Anforderungen, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richten. Die BaFin stellt sich aber auch auf den Standpunkt, dass es bei außergewöhnlichen Ereignissen erforderlich sein kann, bestehende Marketingunterlagen vor deren Aktualisierung nicht weiter zu verbreiten, wie dies teilweise aufgrund der Verwerfungen der Finanzkrise 2008 der Fall war.



Sonderregelungen je nach Ausgestaltung


Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Sonderregelungen, die je nach Ausgestaltung des OGAW/AIF zu beachten sind. Bildet beispielsweise der OGAW/AIF einen anerkannten Wertpapierindex nach oder investiert er hauptsächlich in Derivate, sind besondere Angaben erforderlich. Weist ein OGAW/AIF bspw. aufgrund seiner Zusammensetzung oder der verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität auf oder darf der Fondsmanager bis zu 35 % des Investmentvermögens in Schuldverschreibungen öffentlicher Emittenten investieren, so ist grundsätzlich darauf hinzuweisen. Darüber hinaus können sich auch aufgrund von nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten besondere Anforderungen ergeben.



Dokumentation


Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) treffen besondere Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit Marketing-Anzeigen. Sie müssen eine vollständige Übersicht sämtlicher Marketingdokumente bzw. Marketingmaßnahmen bereithalten und diese der BaFin jederzeit zur Verfügung stellen können. Aus dieser Übersicht muss sich mindestens ergeben:

  • Werbemitteilungsart (Interview, Banner, Messe, Webinar, Social Media Post, Website etc.)

  • Für die Werbemitteilung bestimmtes Vertriebsland (bspw. Deutschland, Spanien etc.)

  • ESG-Bezug und -Konformität

  • Dauer der Werbemitteilung (laufend oder einmalig)

  • Finale Version sowie Bezug zum Prospekt und KID (Anhänge sind das KID für die am meisten relevante Anteilklasse sowie definierte Auszüge aus dem Verkaufsprospekte zur Kontrolle der korrekt enthaltenen Angaben in der Werbemitteilung)



Leistungen

​Kontakt

Kronsteyn berät Fondsinitiatoren und -vermittler bei der Konzeption und Verwaltung von Fonds sowie dem Fondsvertrieb. Sie profitieren von einer langjährigen Erfahrung in der rechtskonformen Gestaltung von Marketingunterlagen. Die Prüfung Ihrer Markting-Anzeigen erfolgt nach den geltenden Vorgaben und mit Blick auf Ihren Vertriebserfolg.


Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
  • Wertpapierhandel und ‑dienstleistungen

  • Marktinfrastruktur und Verwahrung

  • Zahlungs- und Kryptodienste

  • Fondsverwaltung und ‑vertrieb

  • Geldwäscherecht und Sanktionen

bottom of page