Rechtliche Unterschiede zwischen E-Geld- und vermögenswertereferenzierten Token
Aktualisiert: vor 2 Tagen
Literaturhinweis: Müller-Lankow/Liebscher, WM 2024, S. 1152-1160
Die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR), ist ein Quantensprung der europäischen Kryptoregulierung, weil sie erstmals Kryptowerte EU-weit einer einheitlichen umfassenden Regulierung unterwirft. Die Verordnung umfasst auch ein Regelwerk zur Regulierung von E-Geld-Token und vermögenswertereferenzierten Token, die allgemein auch als „Stablecoins“ bezeichnet werden.
Die Regulierung von E-Geld-Token und vermögenswertereferenzierten Token wird bereits am 30.6.2024 in Geltung treten, Grauzonen in der Regulierung schließen und europäischen Anbietern den Weg ebnen, in einem rechtssicheren Rahmen eigene Token zu emittieren. Das kann ein durchaus lukratives Geschäft sein, wie ein Blick auf die Ergebnisse von Tether oder Circle verrät. Es verwundert also nicht, dass auch große europäische Player ein Interesse haben, sich auf dem Markt zu positionieren. So möchte etwa die DWS in einem Joint Venture mit Flow Traders und Galaxy Digital einen E-Geld-Token unter dem Label „AllUnity“ emittieren.
Dieser Beitrag analysiert die wesentlichen rechtlichen Unterschiede bei der Ausgestaltung von E-Geld-Token und vermögenswertereferenzierten Token. Einleitend werden jedoch zunächst Stablecoins im Allgemeinen sowie die bis dato erfolgreichsten Stablecoins, der TetherUSD, und das gescheiterte Terra-Projekt näher betrachtet.
Inhaltsübersicht
A. Einleitung
I. Unterscheidung von Stablecoins und Kryptowährungen
II. Beispiel Tether: Der bis dato erfolgreichste Stablecoin
III. Beispiel Terra: Ein Fall für die Staatsanwaltschaft
IV. Zwischenfazit
B. Regulierung der Emittenten von E-Geld-Token
I. Regulatorische Einordnung von E-Geld-Token
II. Mögliche Emittenten von E-Geld-Token
III. Regulierung der rechtlichen Ausgestaltung von E-Geld-Token
IV. Regulierung des öffentlichen Angebots von E-Geld-Token
1. Begriff des öffentlichen Angebots in der Union
2. Emittent und Anbieter von E-Geld-Token
3. Erstellung und Veröffentlichung eines Whitepapers
4. Werbung für Angebote von E-Geld-Token
5. Begrenzung des Emissionsvolumens von E-Geld-Token
V. Sicherung und Anlage der für die Ausgabe von E-Geld-Token entgegengenommenen Gelder
C. Regulierung der Emittenten von vermögenswertereferenzierten Token
I. Regulatorische Einordnung von vermögenswertereferenzierten Token
II. Mögliche Emittenten von vermögenswertereferenzierten Token
III. Regulierung der rechtlichen Ausgestaltung von vermögenswertereferenzierten Token
IV. Regulierung des öffentlichen Angebots von vermögenswertereferenzierten Token
V. Sicherung und Anlage der für die Ausgabe von vermögenswertereferenzierten Token entgegengenommenen Gelder
D. Fazit
A. Einleitung
I. Unterscheidung von Stablecoins und Kryptowährungen
Stablecoins und herkömmliche Kryptowährungen weisen wichtige Gemeinsamkeiten auf. In technischer Hinsicht handelt es sich in beiden Fällen um passive Datensätze, die auf einer Blockchain bzw. einem Distributed Ledger dezentral gespeichert, Nutzern zugeordnet sind und von diesen nach dem jeweiligen Konsensmechanismus übertragen werden können. In funktioneller Hinsicht können sowohl Stablecoins als auch Kryptowährungen als Zahlungsmittel im Waren- und Dienstleistungsverkehr verwendet werden, soweit deren Akzeptanz unter den Vertragsparteien gegeben ist.
Das entscheidende Abgrenzungsmerkmal ist die Wertstabilität. Kryptowährungen haben keinen intrinsischen Wert. Ihr Wert speist sich alleine aus Angebot und Nachfrage, die an diversen Kryptohandelsplätzen, bspw. der Börse Stuttgart Digital Exchange, miteinander interagieren können. Aus diesem Grund kann der Marktwert von Kryptowährungen sehr volatil sein, d.h. es kann zu heftigen Preisschwankungen kommen. Beispielsweise stieg der in Euro bewertete Bitcoin (BTC) um ca. 150 % im Jahr 2023. Diese Volatilität schränkt wiederum die praktische Verwendbarkeit als Zahlungsmittel ein, da die Parteien eines Zahlungsgeschäfts regelmäßig lediglich die Zahlung bewirken möchten, nicht jedoch auch den Auf- oder Abbau von Marktrisikopositionen.
Die Idee des Stablecoin ist demgegenüber dessen Wertstabilität in Bezug auf einen Referenzwert. Wertstabilität bedeutet wiederum, dass sich Stablecoin und Referenzwert stets wertmäßig entsprechen, d.h. in einem festgelegten Verhältnis gegeneinander eingetauscht werden können, beispielsweise 1:1. So soll man beispielsweise für einen TetherUSD (USDT) am Markt stets einen US-Dollar (USD) erhalten können, ungeachtet möglicher Transaktionskosten. Referenzwerte können neben Währungen insbesondere auch Edelmetalle (z.B. Gold) sein. Auch Finanzinstrumente (z.B. Aktien) sind als Referenzwert denkbar.
Die Wertstabilität macht den Stablecoin zu einem beliebten Geldsubstitut. Sie können auf diversen internationalen Handelsplattformen in unterschiedlichen Kombinationen gegen Kryptowährungen und Währungen gehandelt werden (z.B. USD/USDT oder BTC/USDT). Eine besondere Bedeutung haben sie jedoch auf Handelsplattformen, die nicht unmittelbar ans Geldsystem angeschlossen sind bzw. die nicht auch Währungskonten für den Handel anbieten, bspw. die zentrale Handelsplattform BitMEX oder die dezentrale Handelsplattform Uniswap. Dort ersetzen Stablecoins den Handel mit Währungen vollständig. Auch im Wertpapiergeschäft kommen Stablecoins zum Einsatz. Das DLT-Pilot-Regime sieht bspw. in Art. 5 Abs. 8 der DLT Pilot Regime Regulation (DLTR) für die Abwicklung von Zahlungen unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit des Einsatzes von E-Geld-Token vor.
- Ende des Textauszugs -
Gesamter Aufsatz: WM 2024, S. 1152-1160
Stablecoins bzw. deren Emittenten sind seit der MiCA (auch: MiCAR) auf diversen Ebenen von Regulierung durch die BaFin betroffen.