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Registrierung anstatt Erlaubnis: Kleine KVG im Sinne von § 2 Abs. 4 KAGB richtig strukturieren

  • Autorenbild: RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)
    RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)
  • 28. Okt.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 6 Tagen


Die Verwaltung von Investmentvermögen bzw. Alternativen Investmentfonds (AIF) in Deutschland ist grundsätzlich Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) mit BaFin-Erlaubnis vorbehalten. Die Hürde für die Erlangung einer Erlaubnis ist jedoch hoch – die BaFin wendet hier strenge Maßstäbe an. Eine Registrierung nach § 2 Abs. 4 KAGB ist demgegenüber vergleichsweise einfach und kostengünstig zu erlangen. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Anforderungen und Rechtsfolgen der Registrierung einer „kleinen KVG“ (kleiner AIFM oder AIFM-light-Regime).



Symbolbild: Registrierung anstatt Erlaubnis: Die wichtigsten Anforderungen an kleine KVG im Sinne von § 2 Abs. 4 KAGB


AuM-Schwellenwerte: bis 100 Mio. € mit Leverage, bis 500 Mio. € ohne Leverage


Eine wesentliche Voraussetzung für kleine KVG ist, dass die von ihnen verwalteten Vermögensgegenstände der AIF einen bestimmten Umfang nicht überschreiten dürfen.


  • 100 Mio. € bei hebelfinanzierten AIF: Wendet die KVG Leverage auf den AIF an, gilt der kleinere Schwellenwert von 100 Mio. €. Leverage ist grundsätzlich jede Methode, mit welcher der Investitionsgrad eines verwalteten Investmentvermögens durch Kreditaufnahme, Wertpapierdarlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht wird. Leverage liegt auch dann vor, wenn es nicht unmittelbar auf Ebene des AIF, sondern auf Ebene eines SPV oder Targets eingesetzt wird, ausgenommen jedoch bei Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds in bestimmten Fällen.


  • 500 Mio. € bei nicht hebelfinanzierten AIF: Setzt die KVG bzw. der AIFM kein Leverage ein, gilt der höhere Schwellenwert von 500 Mio. €.


Der Wert der verwalteten Portfoliowerte ist grundsätzlich anhand der in den Rechtsvorschriften des AIF-Sitzlandes sowie gegebenenfalls in der Satzung des AIF festgelegten Bewertungsregeln zu bestimmen. Hat der AIF seinen Sitz in Deutschland, richtet sich die Bewertung nach den handelsrechtlichen Buchführungsvorschriften des HGB, soweit keine Sonderregelungen greifen.



Zulässige Vermögensgegenstände: Immobilien, Wertpapiere, Derivate, Private Equity, Kredite etc.


Grundsätzlich ist die registrierte KVG (AIFM) nicht in der Auswahl der für den AIF erwerbbaren Vermögensgegenstände eingeschränkt. In Betracht kommen Immobilien, Private Equity, Wertpapiere, Derivate, Kryptowährungen, Kredite und weitere Anlagen. Siehe im Hinblick auf die Kreditvergabe durch registrierte KVG nach der AIFMD II-Reform diesen Beitrag.



Begrenzung auf die Verwaltung von Spezial-AIF


Mit der BaFin-Registrierung erwirbt die kleine KVG die Befugnis, Spezial-AIF zu verwalten. Spezial-AIF sind AIF, deren Anteile nur von professionellen und semiprofessionellen Anlegern erworben werden dürfen. Ein Vertrieb an Privatanleger ist nicht zulässig.


Neben der Verwaltung von Spezial-AIF hat die registrierte KVG auch die Möglichkeit, Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 und Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 zu verwalten. Voraussetzung ist jedoch, dass sie sich nach den Vorgaben dieser Verordnungen zusätzlich registrieren lässt. EuVECA und EuSEF können an professionelle Anleger sowie Anleger vertrieben werden, die sich verpflichten, mindestens 100.000 € zu investieren und schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angeben, dass sie sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst sind. Letztere Anlegerkategorie ist eine Sonderform des EU-Rechts und stellt geringere Anforderungen als das deutsche Recht an semiprofessionelle Anleger.





Vertrieb des AIF in Deutschland, grenzüberschreitender Vertrieb


Mit ihrer Registrierung ist die kleine KVG bzw. der kleine AIFM berechtigt, den von ihm verwalteten AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland zu vermarkten, d.h. hierfür zu werben und Anteilszeichnungen durchzuführen.


Die Nutzung des AIFMD-Passports für eine Vermarktung in Mitgliedstaaten der EU bzw. dem EWR ist nicht möglich, da dies lediglich KVG mit Vollerlaubnis vorbehalten ist. Stattdessen richtet sich die Zulässigkeit einer Vermarktung im Ausland nach dem jeweiligen nationalen Recht. In einigen Zielstaaten ist der Vertrieb strikt untersagt; in anderen ist ein Vertrieb nach vorheriger Notifizierung der dortigen Aufsichtsbehörden mit Einschränkungen möglich. Ein Vertrieb im Ausland liegt regelmäßig nicht vor, wenn die Initiative zur Anlage in den AIF ausschließlich vom Anleger ausgeht (Grundsatz der reverse solicitation bzw. des „passiven Vertriebs“); die Aufsicht wendet hier strenge Maßstäbe an.


Verwaltet die kleine KVG auch einen EuVECA oder EuSEF, besteht insoweit die Möglichkeit der Nutzung des europäischen Passes. Im Rahmen einer Notifizierung sind der BaFin diejenigen EU-/EWR-Staaten zu benennen, in denen ein Vertrieb beabsichtigt ist.



Konzeption der AIFM- und AIF-Struktur


Sowohl für die registrierte KVG als auch für die von ihr verwalteten AIF bestehen bestimmte Strukturvorgaben. Einige wichtige davon werden nachfolgend dargestellt:


  • Rechtsformzwang für KVG: Die KVG (bzw. der AIFM) muss eine juristische Person (GmbH, AG oder SE) oder Personenhandelsgesellschaft (KG oder OHG) sein. Die Registrierung von natürlichen Personen, GbR, Stiftungen oder Vereinen ist nicht möglich.


  • Rechtsformzwang für AIF: Auch für von der KVG verwaltete AIF besteht ein Rechtsformzwang. AIF dürfen nur als juristische Personen oder als Personenhandelsgesellschaft mit juristischer Person als persönlich haftenden Gesellschafter aufgesetzt werden. Im Falle einer juristischen Person kommen nach deutschem Recht die GmbH, AG und die Investment-AG mit veränderlichem Kapital und nach EU-Recht die SE in Betracht; im Falle einer Personenhandelsgesellschaft nach deutschem Recht die KG und die offene Investment-KG. Darüber hinaus können auch ausländische AIF aufgelegt werden, einschließlich Drittstaaten-AIF. In jedem Fall muss aber eine Nachschusspflicht der Anleger ausgeschlossen sein. Nicht möglich ist die Auflage des AIF auf bloß vertraglicher Grundlage – die Vereinbarung von Treuhand- oder Sondervermögen ist der kleinen KVG nicht gestattet.


  • Externe und interne Verwaltung: Die KVG bzw. der AIFM kann sowohl als externe als auch als interne KVG in Erscheinung treten. Bei der externen Verwaltung verwaltet die KVG das Portfolio einer anderen Gesellschaft auf der Grundlage eines Verwaltungsvertrags. Die interne KVG verwaltet ihr eigenes Gesellschaftsvermögen. Aufgrund der flexiblen Ausgestaltungsoptionen ist die externe KVG mit großem Abstand am häufigsten anzutreffen.


  • Offene und geschlossene Fonds: Der AIF kann sowohl als offener als auch als geschlossener AIF ausgestaltet werden.



Steuerliche Behandlung des AIF und der Anleger


Die steuerliche Behandlung des AIF und der Anleger hängt stark von der rechtlichen Konzeption des AIF ab. Je nach Art der Vermögensgegenstände und den spezifischen Zielen der Initiatoren können sich verschiedene Ausgestaltungsformen mit jeweils einer Vielzahl an Varianten ergeben, um die Anwendung bestimmter steuerlicher Regelungen zu erreichen. Ins Grobe gesprochen kann wie folgt unterschieden werden:


  • Klassische Transparenz: Wird der AIF als Personenhandelsgesellschaft aufgelegt (siehe oben), die steuerlich transparent ist, erfolgt die Ertragsbesteuerung nicht auf Ebene des AIF, sondern auf Ebene des Anlegers. Eine GewSt-Pflicht des AIF besteht jedoch, wenn er eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder er gewerblich geprägt oder infiziert ist, es sei denn, der AIF ist eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des UBGG; in Deutschland steuerpflichtige Anleger können sich eine etwaige GewSt in bestimmten Umfang auf ihre ESt anrechnen. Das InvStG findet auf Personenhandelsgesellschaften keine Anwendung.


  • Synthetische Teiltransparenz: Wird der AIF als juristische Person aufgelegt, erfolgt eine Ertragsbesteuerung auf Ebene des AIF; dies gilt auch für Personenhandelsgesellschaften, die zur indirekten Besteuerung optieren. Regelmäßig findet jedoch das InvStG und damit eine bloß partielle KSt-Pflicht Anwendung. Dies bedeutet, dass bloß bestimmte Einkünfte auf Ebene des AIF der KSt unterliegen: inländische Beteiligungseinnahmen, inländische Immobilienerträge und bestimmte weitere inländische Einkünfte; eine GewSt-Pflicht greift in der Regel nicht. Auf der Ebene des Anlegers sind die Investmenterträge hingegen zu besteuern; insoweit greifen jedoch bestimmte Teilfreistellungen (z.B. grds. 60% bei Immobilienfonds). Von den besonderen Regelungen für Spezial-Investmentvermögen (im steuerlichen Sinne), werden kleine KVG für die von ihnen verwalteten Spezial-AIF nicht in Anspruch nehmen können, da es ihnen an einer Aufsicht über Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage mangelt; das BMF verlangt insoweit beispielhaft eine staatliche Kontrolle der Zuverlässigkeit sowie der fachlichen Eignung der leitenden Personen – das ist bei der bloßen Registrierung nach § 2 Abs. 4 KAGB nicht der Fall.


Das Investmentsteuerrecht ist von einer Vielzahl an besonderen Regelungen durchzogen und die steuerlichen Implikationen hängen von der spezifischen Investmentstrategie und den Zielen des Initiators ab. Steuerliche Wirkungen sollten daher stets anhand des konkreten Falls beleuchtet werden.





Laufenden Pflichten von registrierten KVG


Neben der einmaligen Registrierungspflicht hat der kleine AIFM auch laufende aufsichtsrechtliche Pflichten zu erfüllen.


  • Laufende Überwachung des Schwellenwertes: Die günstigen Regelungen des KAGB für kleine KVG gelten unter dem Vorbehalt, dass die einschlägigen Schwellenwerte (100/500 Mio. €) nicht überschritten werden. Das hat die KVG zu überwachen, indem sie die Werte der Vermögenswerte laufend in einer Kartei erfasst, aus der sich auch u.a. Zeichnungen und Kapitalausschüttungen ergeben. Eine vorübergehende Überschreitung des Schwellenwertes ist unschädlich. Bei einer nicht nur vorübergehenden Überschreitung verlangt das KAGB die Beantragung einer Vollerlaubnis.


  • Jährliche Meldungen an die BaFin: Die kleine KVG ist verpflichtet, der BaFin jährlich bestimmte Angaben zu den verwalteten Vermögenswerten und bestimmten Risiken des AIF zu melden. Die Meldungen sind im XHTML-Format zu erstellen und der Aufsicht zu übermitteln. Die BaFin hat hierzu ein Merkblatt veröffentlicht.


  • Jahresabschluss und Lagebericht: Die kleine KVG hat Jahresabschluss und Lagebericht grundsätzlich nach den HGB-Vorgaben für Kapitalgesellschaften auszustellen; dies gilt auch dann, wenn die KVG eine Personenhandelsgesellschaft mit natürlicher Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist.


  • Abschlussprüfung: Jahresabschluss und Lagebericht sind auch dann durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen, wenn dies nach den Vorgaben des HGB eigentlich entbehrlich wäre. Der Prüfungsbericht ist an die BaFin zu übermitteln. Ob für den AIF eine Abschlussprüfung vorzunehmen ist, richtet sich nach den Vorgaben des HGB.


  • Geldwäscherechtliche Überwachung: Registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) sind Verpflichtete im Sinne des GwG und sind daher verpflichtet, ein geldwäscherechtliches Risikomonitoring zu betreiben und einen Geldwäschebeauftragten zu benennen.


Besonderheiten bestehen, wenn die kleine KVG auch Gelddarlehen (Kredite) für Rechnung des AIF vergibt. In diesem Fall bestehen in Bezug auf die Kreditvergabe Compliance-Pflichten, welche auch von vollregulierten KVG zu erfüllen sind. Siehe dazu diesen Beitrag.



Das Registrierungsverfahren für kleine KVG


Beabsichtigt ein Initiator, von der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 4 KAGB Gebrauch zu machen, hat er der BaFin einen Registrierungsantrag zu übermitteln. Einzelheiten hierzu hat die BaFin in einem Merkblatt veröffentlicht.


Das Registrierungsverfahren selbst kann sehr zügig in etwa einem Monat durchlaufen werden. Für die Konzeption der AIFM/AIF-Struktur sollte freilich etwas mehr Zeit eingeplant werden.


Wird neben der Registrierung des kleinen AIFM auch eine Registrierung als Verwalter von EuVECA oder EuSEF angestrebt, ist mit einer längeren Verfahrensdauer und höheren Kosten zu rechnen. Denn die EuVECA-/EuSEF-Registrierung bringt mehr Compliance-Pflichten mit sich und erfordert einen höheren Dokumentationsaufwand gegenüber der BaFin.



FAQ zum AIFM-light-Regime


Darf der von der kleinen KVG verwaltete Spezial-AIF auch an Privatanleger vertrieben werden?

Nein. Ein Vertrieb von Spezial-AIF ist ausschließlich an professionelle und semiprofessionelle Anleger zulässig. Verwaltet die kleine KVG auch EuVECA oder EuSEF ist insoweit ein Vertrieb an Privatanleger grundsätzlich zulässig, wenn diese mindestens 100.000 € zeichnen.

Darf die kleine KVG auch ausländische Spezial-AIF verwalten?

Grundsätzlich ja. Das deutsche AIFM-light-Regime ist nicht auf nach deutschem Recht gegründete AIF beschränkt.

In welche Vermögenswerte darf eine kleine KVG investieren?

Die Auswahl der für kleine KVG investierbaren Vermögensgegenstände ist nicht begrenzt. In Betracht kommen unter anderem Immobilien, Private Equity, Wertpapiere, Derivate und Kryptowährungen.

Darf die kleine KVG das EU-Passporting-Regime in Anspruch nehmen?

Nein. Dies ist nur KVG mit Vollerlaubnis vorbehalten.

Darf die kleine KVG die Anteile am Spezial-AIF auch im Ausland vermarkten?

Dies ist möglich, soweit das ausländische Recht dies gestattet. Teilweise ist der Vertrieb nach einer Notifizierung der zuständigen Behörde erlaubt und teilweise wird eine Vollerlaubnis verlangt.


Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Hendrik Müller-Lankow.

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