Was besagt Rule 144 nach US-Wertpapierrecht?
Aktualisiert: 15. Dez. 2022
Rule 144 ist eine US-amerikanische Regelung von hoher Relevanz für den Weiterverkauf von Wertpapieren, die nicht bei der SEC registriert sind. Sie bietet Verkäufern einen safe harbor. Denn in vielen Fällen ist der Weiterverkauf solcher Wertpapiere nicht nur verboten, sondern auch strafbewehrt. Doch was ist der genaue Hintergrund von Rule 144 und was sind ihre Voraussetzungen? Das lesen Sie in diesem Beitrag.
Key Takeaways |
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Hinweis: Dieser Beitrag dient lediglich dem Überblick und bildet nicht sämtliche relevanten Aspekte ab. Teilweise wurde die Rechtslage aus Veranschaulichungsgründen stark vereinfacht dargestellt.
Verbot des Verkaufs von Wertpapieren ohne Registration Statement
Der Verkauf von Wertpapieren erfordert nach dem US Securities Act grundsätzlich deren Registrierung durch Übermittlung eines Registration Statements an die SEC. Solage das Registration Statement nicht bestätigt wurde, ist es grundsätzlich verboten, Wertpapiere zu verkaufen.
Von dem Verbot gibt es diverse Ausnahmen. Etwa sind Personen hiervon ausgenommen, die nicht als Emittent (issuer), Underwriter (underwriter) oder Händler (dealer) qualifizieren. Der Begriff „Underwriter“ ist von besonderer Bedeutung, da – anders als im allgemeinen Sprachgebrauch – nicht nur Investmentbanken erfasst sein können, sondern auch Privatpersonen, wenn über sie Wertpapiere öffentlich verkauft werden.
Der Underwriter wird weit definiert und umfasst, grob gesagt, alle Personen, die im Hinblick auf den Vertrieb Wertpapiere eines Emittenten von diesem erwirbt oder diese Wertpapiere anbietet oder verkauft oder zumindest mittelbar an solchen Handlungen beteiligt ist.
Safe Harbor Rule 144
Rule 144 dient der Rechtssicherheit bei Verkäufen von Wertpapieren ohne Registration Statement. Denn in vielen Fällen wäre es ohne Rule 144 nicht oder nur schwer feststellbar, ob ein Verkäufer als Underwriter „im Hinblick auf den Vertrieb“ handelt und damit Underwriter ist oder nicht. Werden die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung erfüllt, gilt der Verkäufer mit Sicherheit nicht als Underwriter. Im angelsächsischen Raum spricht man daher von einem safe harbor, also einem sicheren Hafen. Restricted Securities, die nach Rule 144 übertragen werden, verlieren ihre Eigenschaft als Restricted Securities.
Rule 144 begünstigt Restricted Securities und Control Securities. Restricted Securities umfassen diverse Arten von Wertpapieren, die bei ihrer Emission nach diversen Regelungen des US-Wertpapierrechts geringeren aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterlegen haben und daher nicht ohne Weiteres weiterverkauft werden können. Control Securities sind Wertpapiere eines Emittenten, die von einem mit dem Emittenten verbundenen Unternehmen gehalten werden.
Voraussetzungen von Rule 144 im Einzelnen
Der Umfang der anzuwendenden Voraussetzungen der safe harbor rule hängt vom jeweiligen Sachverhalt ab. Grob gesagt können drei Fallgruppen unterschieden werden.
Sachverhalt | Voraussetzungen der Rule 144 |
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Restricted Securities eines Emittenten, der offenlegungspflichtig nach spezifischen Vorgaben des US Securities Exchange Act ist, werden von einer mit dem Emittenten nicht verbundenen Person gehalten |
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Restricted Securities eines Emittenten, der nicht offenlegungspflichtig nach spezifischen Vorgaben des US Securities Exchange Act ist, werden von einer mit dem Emittenten nicht verbundenen Person gehalten |
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Restricted oder Control Securities werden von einer mit dem Emittenten nicht verbundenen Person gehalten |
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Erfüllt ein Verkäufer eine der Voraussetzungen von Rule 144 nicht, bleibt es weiterhin möglich, dass er eine andere Ausnahmeregelung unter dem US Securities Act für sich in Anspruch nehmen kann.
Liegt einem Verkauf oder mehreren Verkäufen eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung zugrunde, kann sich der Verkäufer auch dann nicht auf Rule 144 berufen, wenn formalrechtlich alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Beachtung einer Haltefrist
Vor einem Verkauf sind die Wertpapiere für eine bestimmte Zeit zu halten.
Haltefrist | Voraussetzung |
6 Monate | Emittent unterliegt den Offenlegungspflichten des US Securities Exchange Act |
12 Monate | Emittent unterliegt nicht den Offenlegungspflichten des US Securities Exchange Act |
Die Haltefrist beginnt nach dem Kauf der Wertpapiere vom Emittenten oder von einem mit dem Emittenten verbundenen Unternehmen oder deren Weiterverkauf. Grundsätzlich ist auch die vollständige Bezahlung der Wertpapiere Voraussetzung für den Fristbeginn. Für zusätzliche Aktien, die im Rahmen eines Aktiensplits, Kapitalerhöhungen oder vergleichbaren Vorgängen erworben werden, gilt die Haltefrist der originären Aktien. Im Übrigen gelten diverse Sonderregelungen.
Öffentliche Verfügbarkeit von Unternehmensinformationen
Für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung Rule 144 müssen auch bestimmte Informationen über den Emittenten öffentlich verfügbar sein.
Sofern der Emittent nach bestimmten Regelungen des US Securities Exchange Act offenlegungspflichtig ist, muss er dieser Verpflichtung nachgekommen sein und diverse Daten an die SEC über das EDGAR-System gemeldet haben. Ein Verkäufer kann sich grundsätzlich auf die Angabe des Emittenten in einem Quartals- oder Jahresbericht verlassen, dass die erforderlichen Offenlegungen und Meldungen erfolgt sind.
Nicht nach dem Securities Act offenlegungspflichtige Emittenten müssen Unternehmensinformationen in nur eingeschränktem Umfang offengelegt haben. Darunter fallen Informationen über die Art der Geschäftstätigkeit, die Identität der leitenden Angestellten und Direktoren sowie die Jahresabschlüsse.
Limitierung des Verkaufsvolumens
Im Falle des Verkaufs durch ein mit dem Emittenten verbundenes Unternehmen dürfen dessen gesamten Verkäufe innerhalb der vorangegangenen drei Monate bestimmte Limite nicht überschritten werden.
Bei Aktien gilt als Limit grundsätzlich der höhere Betrag von entweder 1 % der im Umlauf befindlichen Aktien derselben Klasse oder des durchschnittlichen wöchentlichen Handelsvolumens innerhalb der letzten vier Wochen vor Einreichung der Verkaufsmitteilung an die SEC.
Im Falle von Anleihen gilt als Limit grundsätzlich der höhere Betrag von entweder des Wertes von 1 % der im Umlauf befindlichen Aktien oder 10 % des Emissionsvolumens der Anleihe. Weitere Beschränkungen und Einzelheiten sind zu beachten. Weitere Vorgaben sind zu beachten.
Veräußerung über einen Intermediär
Verkauft eine mit dem Emittenten verbundene Person die Wertpapiere, hat die Transaktion über einen Intermediär zu erfolgen. Als Intermediäre kommen Broker und Market-Maker in Betracht; eine Veräußerung im Wege des Matched Principal Tradings ist ebenfalls zulässig.
Der Verkäufer und der Intermediär dürfen grundsätzlich nicht bzw. in nur sehr eingeschränktem Umfang für den Verkauf werben. Der Verkäufer darf, außer an den Intermediär, keine Zahlungen an Dritte im Zusammenhang mit dem Vekrauf leisten. Der Intermediär darf für das Geschäft nicht mehr als eine Provision in marktüblicher Höhe erhalten.
Meldung des beabsichtigten Verkaufs an die SEC
Letztendlich hat eine mit dem Emittenten verbundene Person den beabsichtigten Verkauf an die SEC zu melden, wenn die Verkäufe über einen Zeitraum von drei Monaten in Summe 5.000 Anteile oder einen Gesamtkaufpreis von 50.000 USD übersteigen. Die Meldung erfolgt mittels Formular 144.
Kontakt:
Rechtsanwalt, LL. M. (UCL)
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