Securities Lending (Wertpapierleihe) im Privatkundengeschäft
- RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)

- 18. Nov. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das Geschäftsmodell „Securities Lending im Privatkundengeschäft“. Hierbei tritt die Bank gegenüber ihren Kunden als Darlehensnehmer von Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihen) auf und platziert die Wertpapiere wiederum als Darlehensgeber am Markt.

Relevanz des Geschäftsmodells
Das Geschäftsmodell eröffnet der Bank die Möglichkeit, zusätzliche Erträge im Rahmen des bestehenden Depotgeschäfts zu erzielen. Da auch ihre Kunden zusätzliche Erträge aus ihren Wertpapierbeständen erzielen können, kann das Geschäftsmodell aus Kundensicht ein wichtiger Faktor für die Brokerwahl sein. Banken, welche keine Wertpapierdarlehen anbieten, könnten künftig einen Wettbewerbsnachteil erleiden.
Kurzdarstellung des Geschäftsmodells
Das Geschäftsmodell kann wie folgt skizziert werden:
Kunden können sich zum Securities Lending durch Abschluss einer Zusatzvereinbarung freischalten lassen. Sie können dann in Bezug auf einzelne Wertpapiere (Aktien, Anleihen) das Securities Lending aktivieren, etwa durch Betätigung von Schiebereglern in der Depotübersicht.
Abruf-Lösung: Die Bank nimmt zum Securities Lending freigegebene Wertpapiere nur insoweit als Darlehensnehmer entgegen, soweit und solange sie diese selbst am Markt platzieren kann.
Alternative: Pool-Lösung: Die Bank bucht sämtliche Wertpapiere in einen Pool und vergibt Darlehen aus diesem Pool heraus und teilt Entgelte anteilig unter den Kunden auf.
Während der Dauer eines Wertpapierdarlehens haben Kunden kein zivilrechtliches Eigentum und können die Wertpapiere nicht veräußern. Kunden können ein laufendes Darlehen durch Betätigung der Deaktivierungsfunktion mit einer Frist von drei Geschäftstagen beenden.
Die Bank erhält von Dritt-Darlehensnehmern Sicherheiten durch Vollrechtsübertragung von Wertpapieren oder Überweisung von Geldern.
Zur Vermeidung von Rechtsfragen zur steuerlichen Behandlung von Kompensationszahlungen für Ausschüttungen (Dividenden, Zinsen) könnte die Bank die Darlehen über den Ausschüttungsstichtag vorrübergehend beenden, sodass die Kunden Ausschüttungen originär beziehen.
Bestimmte steuerliche Aspekte bei Wertpapierleihen
Bei der Ermöglichung von Wertpapierleihen (Securities Lending) für Privatkunden sind bestimmte steuerliche Aspekte in Betracht zu ziehen, darunter:
Die Übereignung der Wertpapiere vom Kunden auf die Bank ist keine KESt-abzugspflichtige Veräußerung.
Die Erträge der Kunden aus dem Securities Lending sind sonstige Erträge im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG, für die keine KESt-Abzugspflicht besteht. Hinweis auf etwaige Einkommensteuerpflicht geboten.
Nach den Grundsätzen der aktuellen BFH-Rechtsprechung bestünde bei Kompensationszahlungen an Kunden wohl keine KESt-Abzugspflicht. Die Rechtslage ist jedoch nicht eindeutig und bisher gibt es keine klare Äußerung des BMF.
Bestimmte sonstige Aspekte von Wertpapierleihen
Darüber hinaus sind beim Angebot von Securities Lending weitere rechtliche Aspekte in Betracht zu ziehen, darunter:
Ggf. Einschränkung auf Kunden mit guten Kenntnissen und Erfahrungen.
Die BaFin sollte über die Erweiterung des Depotgeschäfts in Kenntnis gesetzt werden.
Für Rückübertragungsanprüche der Kunden greift keine Einlagensicherung. Darüber ist der Kunde in Kenntnis zu setzten.
Nach Art. 4 der (EU) 2015/2365 (Securities Financing Transactions Regulation, SFTR) besteht eine Meldepflicht, die zu beachten ist.
Ihr Ansprechpartner für Securities-Lending-Modelle: Rechtsanwalt Dr. Hendrik Müller-Lankow.







