Vorsichtige Bewertung der Positionen des Handelsbuchs
Kredit- und Wertpapierinstitute sind verpflichtet, ein Handelsbuch zu führen und bei den einzelnen Positionen die Grundsätze einer vorsichtigen Bewertung (Prudent Valuation) anzuwenden. Dadurch soll ein angemessener Grad an Bewertungssicherheit erzielt werden, um insb. den Erfordernissen des Risikomanagements und der Ermittlung der Eigenmittelanforderung Rechnung zu tragen.
Einführung
Positionen, welche ein Kreditinstitut mit Handelsabsicht hält, sind im aufsichtsrechtlichen Handelsbuch nach den näheren Vorgaben der Art. 102 ff. der Capital Requirements Regulation (CRR) zu führen. Dies dient u.a. dem Risikomanagement und der Ermittlung der Eigenmittelanforderung. Auf Wertpapierinstitute i.S.d. Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) sind die Vorgaben aufgrund der Verweisungsnorm Art. 21 Abs. 2 der Investment Firm Regulation (IFR) anzuwenden.
Dem Handelsbuch zuzurechnen sind alle Positionen in Finanzinstrumenten und Waren, die das Institut entweder mit Handelsabsicht oder zur Absicherung anderer mit Handelsabsicht gehaltener Positionen des Handelsbuchs hält. Wann genau wiederum eine Position mit Handelsabsicht gehalten wird, konkretisiert Art. 4 Abs. 1 Nr. 85 CRR. Darunter fallen nicht nur Positionen, die sich aus Kundenbetreuung und Marktpflege ergeben, beispielsweise aufgrund einer Spezialistentätigkeit an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB), sondern ganz allgemein auch Positionen, die zum kurzfristigen Wiederverkauf gehalten werden, bzw. Positionen, bei denen die Absicht besteht, aus bestehenden oder erwarteten kurzfristigen Kursunterschieden zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs oder aus anderen Kurs- oder Zinsschwankungen Profit zu ziehen.
Entsprechend dem Aufsichtsrecht ist das Handelsbuch auch in der betrieblichen Rechnungslegung nach den insoweit einschlägigen Regelungen abzubilden. Dort trägt das Handelsbuch die Bezeichnung „Handelsbestand“. Die Ansatzpflicht ergibt sich aus der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung (RechKredV). Eine spezifische Bewertungsregelung ist § 340e Abs. 3 HGB zu entnehmen.
Grundsatz der vorsichtigen Bewertung (Prudent Valuation)
Grundlage der Bewertung von Finanzinstrumenten ist der beizulegende Zeitwert, also der Marktpreis (§ 255 Abs. 4 S. 1 HGB). Soweit ein aktiver Markt besteht, ist dieser für den Zeitwert maßgeblich. Ein aktiver Markt liegt jedenfalls dann vor, wenn ein Finanzinstrument börsenmäßig gehandelt wird und eine regelmäßige Preisfeststellung erfolgt. Liegt kein aktiver Markt vor, ist der beizulegende Zeitwert mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen (§ 255 Abs. 4 S. 1 HGB), insb. zu Modellpreisen nach Art. 105 Abs. 6 und 7 CRR.
Auf den Zeitwert ist sodann zum Zwecke der vorsichtigen Bewertung (Prudent Valuation) eine zusätzliche Bewertungsanpassung (Additional Valuation Adjustments, AVA) vorzunehmen. Zu diesem Zweck regelt die DelVO (EU) 2016/101 zwei grds. mögliche Verfahren:
Vereinfachtes Konzept (Simplified Approach)
Kernkonzept (Core Approach)
Das vereinfachte Konzept ist in seiner Handhabung weitaus einfacher als das Kernkonzept. Es steht, grob gesagt, Instituten offen, deren Summe sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Handelsbuchs unter 15 Mrd. Euro liegt. Die Bewertungsanpassung beträgt 0,1% der Summe sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Handelsbuchs.
Das Kernkonzept sieht eine differenziertere Herangehensweise vor. Danach sind für bestimmte Risikokategorien sog. kategoriespezifische AVA zu bilden, welche in der Summe von den beizulegenden Zeitwerten abgezogen werden. Die Kategorien umfassen pauschale Beträge für Marktpreisunsicherheiten, Glattstellungskosten, Modellrisiken, nicht eingenommene Kreditspreads, Investitions- und Finanzierungskosten, konzentrierte Positionen, künftige Verwaltungskosten, vorzeitige Vertragsbeendigung sowie operationelle Risiken.
Die aufsichtsrechtliche Bewertungsanpassung ist nach IDW grds. auch für den handelsrechtlichen Risikoabschlag bzw. Risikoaufschlag i.S.v. § 340e Abs. 3 S. 1 HGB maßgeblich.
Beratung zum Handelsbuch
Kronsteyn berät Sie bei Einzelfragen im Zusammenhang mit der Konezeption, Führung und Dokumentation Ihres Handelsbuchs.
Rechtsanwalt, LL. M. (UCL)
Aktuelle Beiträge
Alle ansehenKronsteyn bietet von der DORA erfassten Finanzunternehmen spezielle DORA-Schulungen für Geschäftsführer bzw. Vorstände an.
Gegen den Beschluss eines Sanktionsausschusses kann mit einer Frist von einem Monat Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden.
Beim Verstoß gegen Finanzsanktionen stellt sich für Geschäftsleiter von Finanzunternen die Frage nach möglichen persönlichen Konsequenzen.