Sanktionsverstoß aufgrund einer Überweisung auf ein Bankkonto bei einer sanktionierten russischen Bank?
- RA Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL)

- 17. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Sept.

Das Sanktionsprogramm gegen Russland hat ein beispielloses Ausmaß erreicht und betrifft Menschen und Unternehmen mittlerweile in diversen Lebenslagen und Situationen. Ein wesentlicher Teil der Russlandsanktionen ist das u.a. in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 geregelte Bereitstellungsverbot. Dieses besagt, grob gesagt, dass den in Anhang I aufgeführten Personen, Einrichtungen und Organisationen (POE) keine Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen dürfen.
Deutsche Staatsanwaltschaften legen dieses Verbot weit aus und sehen derzeit Geldüberweisungen an nicht sanktionierte Personen als Sanktionsverstoß und dementsprechend als Straftat an, wenn das Bankkonto des Zahlungsempfängers von einer sanktionierten Bank geführt wird. Diese Verwaltungspraxis ist rechtlich fraglich und es gibt keine gesetzlichen Anhaltspunkte oder hochrichterlichen Entscheidungen, welche diese tragen.
Tragweite dieser Rechtspraxis
Derzeit sind 13 russische Banken in Anhang I der VO (EU) Nr. 269/2014 aufgeführt, namentlich:
Alfa-Bank, Bank Rossiya, Credit Bank of Moscow, Dalnevostochny Bank (Far Eastern Bank), Novikombank, Otkritie FC Bank, Promsvyazbank (PSB), Rosbank, Sberbank, Sovcombank, Tinkoff Bank, VEB.RF (Vnesheconombank) und VTB Bank.
Zweifelsohne ist es verboten, diesen Banken Vermögenswerte bereitzustellen, d.h. unter anderem Geldüberweisungen an diese Banken zu leisten, wenn diese selbst Zahlungsempfänger sind. Fraglich ist jedoch, ob auch Geldüberweisungen an (nicht sanktionierte) Kunden dieser (sanktionierten) Banken als Bereitstellung an die Banken anzusehen sind.
Sollten tatsächlich auch Überweisungen an nicht sanktionierte Bankkunden unter das Bereitstellungsverbot fallen, hätte dies eine enorme Tragweite. Denn ca. zwei Drittel aller russischen nationalen oder internationalen Zahlungen werden über diese Banken abgewickelt, wobei auf die Sberbank der mit Abstand größte Anteil entfällt.
Rechtliche Würdigung
Geldüberweisungen erfolgen in der Regel vorsätzlich. Daher wird regelmäßig eine Strafbarkeit gemäß § 18 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a AWG in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 VO (EU) Nr. 269/2014 in Betracht kommen. Danach wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer dem Bereitstellungsverbot zuwiderhandelt. Anstelle einer Freiheitsstrafe kann nach § 47 Absatz 2 StGB eine Geldstrafe verhängt werden.
Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH setzt das Bereitstellungsverbot einerseits voraus, dass ein Vermögenswert auf eine sanktionierte Person übertragen wird und diese die Verfügungsbefugnis darüber erlangt. Alternativ kann eine Bereitstellung auch erfolgen, wenn die Mittel für die Ziele und Zwecke der sanktionierten Person, Organisation oder Einrichtung verwendet werden. Mit sehr guten Gründen lässt sich vertreten, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Denn die (sanktionierte) Bank ist weder befugt, über den dem Kunden gutgeschriebenen Betrag, welcher lediglich einen Auszahlungsanspruch verkörpert, eigenmächtig zu verfügen, noch dient das Bankguthaben den Zielen und Zwecken der Bank, sondern ausschließlich dem Bankkunden.
Selbst wenn man aber einen Sanktionsverstoß annähme, darf eine Strafbarkeit aufgrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots nicht in Betracht kommen. Nach Artikel 103 Absatz 2 GG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist erforderlich, dass sich die Strafbarkeit jedenfalls durch Auslegung ermitteln lässt. Für den hier behandelten Fall trifft das jedoch nicht zu, da es weder gesetzliche noch gerichtliche oder behördliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Bereitstellung an einen Bankkunden auch als Bereitstellung an die Bank gesehen werden kann.
Darüber hinaus bestehen weitere Verteidigungslinien, die an dieser Stelle jedoch nicht weiter ausgeführt werden sollen.
Prozessuales Vorgehen
Die optimale Verteidigungsstrategie hängt vom derzeitigen Verfahrensstand ab. Betroffene können sich noch im staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsverfahren befinden oder haben einen Strafbefehl des Amtsgerichts erhalten oder wurden bereits verurteilt. Grundsätzlich bestehen gute Erfolgsaussichten bei einem Vorgehen gegen eine Strafmaßnahme, wenn Sie Ihre Position rechtlich stichhaltig und gut aufbereitet untermauern.
Kontakt
Die Kanzlei Kronsteyn berät und vertritt Sie bei Rechtsangelegenheiten im Zusammenhang mit Finanzsanktionen. Ihr Ansprechpartner: Dr. Hendrik Müller-Lankow.







